Intensität von schmerzhaften Tenderpunkten und weitere Fibromyalgie-Symptome können durch osteopathische Behandlungen reduziert werden
Das Fibromyalgiesydrom (FMS) ist durch chronische Schmerzen in mehreren Körperregionen sowie das Vorhandensein von mindestens 11 von 18 schmerzhaften Tenderpunkten gekennzeichnet. Die Punktprävalenz wird in Deutschland auf ca. 3,5% geschätzt – was etwa 2,8 Millionen Menschen entspricht – Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer [1]. Im Jahr 2015 wurden in Deutschland insgesamt 12.573 Menschen mit Fibromyalgie stationär behandelt [2].
Bereits im Mai 2017 haben wir in unserem Blog darüber berichtet, dass die Ergebnisse der Abschlussarbeit unserer ehemaligen Studentin Jessica Albers (MSc.Ost.) bei einer internationalen Konferenz zur osteopathischen Forschung vorgestellt wurden. Im September 2017 konnte die Arbeit nun u.a. zusammen mit dem wissenschaftlichen Leiter der OSD, Dr. Dr. Tobias Schmidt, in der Fachzeitschrift Complementary Medicine Research veröffentlicht werden.
In der randomisierten kontrollierten Studie von Jessica Albers wurde die Wirksamkeit von zwei osteopathischen Behandlungsansätzen mit einer Kontrollgruppe (n=14) ohne Behandlung verglichen. Eine Behandlungsgruppe (n=19) erhielt individuelle befundorientierte osteopathische Behandlungen (OI), die andere (n=17) wurde mittels General Osteopathic Treatment (GOT) behandelt. In beiden Gruppen fanden jeweils 10 Sitzungen innerhalb von 12 Wochen statt.
Als Zielparameter wurden die Schmerzintensität und die Druckschmerzschwelle an den 18 für FMS definierten Tenderpunkten mithilfe eines Algometers gemessen. Weiterhin wurde die Schwere der Erkrankung anhand des Fibromyalgia Impact Questionnaires (FIQ) abgefragt. Dieser Fragebogen besteht aus 10 Fragen zu verschiedenen Tätigkeiten im Alltag und bestehenden Beeinträchtigungen durch die Fibromyalgie-Symptome.
Zu Beginn der Studie unterschieden sich die drei Gruppen nicht in Bezug auf demografische Daten und Symptomstärke – es bestanden also gleiche Ausgangsbedingungen. Zur Beurteilung des Behandlungseffekts wurden die Veränderungen der Messungen über die Zeit verglichen. Die Schmerzintensität reduzierte sich in beiden Behandlungsgruppen signifikant im Vergleich zur Kontrollgruppe (auf einer Skala von 0-10 um -2,5 Punkte in der OI-Gruppe, um -2,0 Punkte in der GOT-Gruppe und um +0,4 Punkte in der Kontrollgruppe). Die Druckschmerzschwelle – gemessen mit dem Algometer – konnte in beiden Behandlungsgruppen nur leicht erhöht werden, es bestand allerdings kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den verschiedenen Gruppen. Die Beeinträchtigung im Alltag durch Fibromyalgie-Symptome konnte in den beiden Behandlungsgruppen reduziert werden (-13,7 von 100 Punkten in der OI-Gruppe, um -15,5 Punkte in der GOT-Gruppe und um -2,5 in der Kontrollgruppe). Der Unterschied zwischen jeder der Behandlungsgruppen und der Kontrollgruppe war dabei allerdings nicht statistisch signifikant, auch wenn in einer gemeinsamen Auswertung ein signifikanter Zusammenhang von Behandlungsdauer und Gruppenzugehörigkeit gefunden wurde.
Die Stärke der Veränderungen in der Schmerzintensität und bei den Beeinträchtigungen im Alltag sind als klinisch relevant einzuschätzen, d.h. auch im Therapiealltag bedeutsam. Die leicht reduzierte Druckschmerzschwelle in beiden Behandlungsgruppen dieser Studie zeigt einen positiven Trend. Durch den Vergleich mit anderen Studien zeigt sich, dass eine längere Behandlungsdauer (ca. 20 Wochen) auch hier signifikante Veränderungen bewirken könnte [3].
Wir sind stolz, dass im Rahmen des Osteopathie-Studiums an unserer Schule eine so hochwertige wissenschaftliche Arbeit entstanden ist, deren Ergebnisse nun auch der internationalen Fachwelt zur Verfügung stehen!
 
Referenz: Albers J, Jäkel A, Wellmann K, von Hehn U, Schmidt T: Effectiveness of 2 osteopathic treatment approaches on pain, pressure-pain threshold and disease severity in patients with fibromyalgia: a randomized controlled trial. Complementary Medicine Research 2017; 24: 1-7
 
[1] Eich W, Häuser W, Arnold B, Jäckel W, Offenbächer M, Petzke F: Das Fibromyalgiesyndrom. Definition, Klassifikation, klinische Diagnose und Prognose. Der Schmerz 2012; 3: 1-11
[2] Gesundheitsberichterstattung des Bundes (2017): Diagnosedaten der Krankenhäuser ab 2000 – M79.7 Fibromyalgie – Deutschland, alle Altersgruppen, beide Geschlechter, alle Fälle. Statistisches Bundesamt, Bonn
[3] Castro-Sánchez AM, Matarán-Peñarrocha GA, Arroyo-Morales M, et al (2011): Effects of myofascial release techniques on pain, physical function, and postural stability in patients with fibromyalgia: a randomized controlled trial. Clin Rehabil 2011; 25: 800–813.

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